Depeche Mode und das neue Video zu Ghosts Again

Februar 10, 2023 Von Syn Aus

(Bild: Anton Corbijn) Depeche Mode wollen nach ihren eigenen Worten auf ihrer Pressekonferenz im letzten Oktober ihre Präsenz nicht dazu nutzen, um Missstände in der Welt aufzudecken, sondern nur von ihnen ablenken. Fakt ist, die Welt steht vor einem großen Wandel. Vor sechs Jahren forderte Martin Gore noch eine Revolution und zählte in seinem Song “Where’s the Revolution?” viele Dinge auf, wie man von dieser Welt alleine gelassen werden kann. Mit einem weiteren Song namens “Fail” benannte er die Verfehlungen der Menschheit absolut zu Recht. Doch wo stehen wir sechs Jahre später? Es ist viel schlimmer als besser geworden und statt erneut die Fahne der Veränderung, des Aufschwungs und des Mutes zu schwingen schwelgen Depeche Mode mit ihrem neuen Song soundtechnisch in den 80ern und 90ern.

Mit ihrem Video, das von Anton Corbijn gedreht wurde, gehen sie sogar noch weiter in der Geschichte zurück und erinnern an einen Film von Ingmar Bergmann aus den 50er Jahren. Diese Szene ist absolut willkommen, denn es zeigt die beiden Protagonisten beim Schach, so wie sie schon viele Jahre beim Kickern verbrachten und nun das Spiel des Lebens in schönster, tragischer Atmosphäre genießen.

Der zweite Teil des Videos, kurz bevor das überschätze Appregiator Highlight ertönt, grabbelt Dave Gahan über den Boden einer Friedhofskulisse und ist auf der Suche nach…? Das bleibt dem Zuschauer verborgen, denn am Ende grabbelt er immer noch und Martin Gore, der depressiv an einem Grabstein kauert sieht ihm singend dabei zu.

Diese Szene wird durch gesungene Parts von Gahan und Gore in aufrechter Position aufgelockert, bevor das bereits viel zitierte Highlight ertönt, zu dem eine Geister-Gestalt ihr weißes Gewand tanzend in Szene setzt. Corbijn hat hier eines seiner an Nirvana oder R.E.M. erinnerndes Bühnenbild geschaffen und erzählt mehrere Geschichten nacheinander. Der Tod von Bandmitgründer Andy Fletcher im vergangenen Jahr ist nicht nur durch den Inhalt des Songs allgegenwärtig, sondern wird natürlich durch immer wieder symbolisierte Totenköpfe dargestellt.

Am Ende gewinnt Gore die Partie Schach und beide geben sich die Hand und gehen getrennte Wege. Eine Aufarbeitung der Frage, warum mußte einer ihrer Freunde und Bandmitglieder das zeitliche segnen findet nicht statt. Es wird nichts hinterfragt. Es wird akzeptiert. So wie man nicht aufklären, sondern nur ablenken will. So bleiben Depeche Mode hinter ihren Erwartungen musikalisch, als auch bildlich weit zurück. Alte Männer beim Schach und auf dem Friedhof zu beobachten hat wenig damit zu tun, daß man die Zeit auf diesem Planeten sinnvoll nutzen sollte, um sich jeden Tag daran zu erinnern, das man sterblich ist, was Depeche Mode mit ihrem Albumtitel “Memento mori” ausdrücken wollen.

Der Song hat seine aufmunternden Elemente und gibt Hoffnung, denn das ist das, was unsere Spezies in diesen Zeiten dringend benötigt. Doch nur auf etwas zu hoffen, ohne eine Bereitschaft etwas zu verändern wird uns leider nicht retten. Die Zeit für Spiele ist vorbei. Viel zu lange waren wir die Schachfiguren der Herrschenden und wir brauchen Aufklärung und das tägliche Hinterfragen unserer Selbst und das unseres Umfelds, sonst ist diese Welt und wir selbst dem Untergang geweiht.